Rückblickend verstehe ich ihren Entscheid natürlich viel besser, damals habe ich sie dafür gehasst. Wir hatten uns wenigstens darauf geeinigt, dass ich ab und zu Hunde in die Ferien nehmen durfte mit der Auflage, dass ich mich zu 100% um den Hund kümmerte. So hüteten wir immer wieder mal Hunde und ich war ja schon in meiner Kindheit der absolute Profi (oder dachte es zumindest). Wenn wir keine Ferienhunde hatten, ging ich mit vielen Hunde aus der Nachbarschaft spazieren.
Diese Zeit lehrte mich schon so enorm viel über Hunde.
Die Mutter meiner besten Schulkollegin züchtete Bassets und ich durfte bei jedem Wurf und der Aufzucht immer dabei sein. Ich verbrachte jede freie Minute dort. Später kamen dann noch Bloodhounds hinzu - also einfach Hunde mit langen Ohren und einer absolut tollen Nase. Da startete bei mir schon ein wenig die Faszination für die Hundenase welche mich bis heute immer wieder verblüfft. Ich bin total überzeugt, dass wir noch immer nur Bruchteile davon wissen, was eine Hundenase tatsächlich leisten kann.
Dann gab es Jeff - ein Golden Retriever welchen wir immer wieder hüteten und der immer unser halbes Inventar zerstörte wenn wir ihn alleine gelassen hatten. Selbstverständlich war mir damals nicht klar, dass ein Hund einen ausgeprägten Trennungsstress haben kann und er deshalb während unsere Abwesenheit alle Sofakissen frass und das restliche Mobiliar auseinander nahm.
Dann war da dieser lustige Beagle bei dem mir sehr ausdrücklich gesagt wurde, dass ich ihn auf keinen Fall freilassen dürfe. Klein Mümmeli dachte natürlich - ach was - ich kenne mich ja aus mit Hunden - der kommt dann schon wenn ich ihn rufe. Vier Stunden später kam er dann auch wieder. Als ich nach Hause kam meinte meine Mutter, dass das jetzt aber ein sehr langer Spaziergang gewesen wäre. Als Beagelchen nach einer Stunde immer noch stark hechelte fragte mich meine Mutter dann schon, was denn mit diesem Hund passiert sei. Ich meinte dann beschämt, dass ich ihn eben doch freigelassen hätte. Dieser Moment hat mich gelehrt, dass es tatsächlich Hunde gibt die eben jagen und das Wort Rückruf nicht immer wörtlich nehmen.
Dann war da Boris, der lustigste und eigensinnigste Rauhaardackel überhaupt, der über Weihnachten bei uns war. Ich wollte Boris logischerweise auch ein Geschenk machen und legte einen schön eingepackten Cervalat in den Geschenkeberg unter dem Christbaum. Da Boris das Ritual der Menschen nicht kannte und deshalb auch nicht wusste, dass die Geschenk erst nach dem Nachtessen aufgepackt wurden, machte sich Boris mitten am Nachmittag über den Cervalat her. Meine Grossmutter fand den Hund also unter dem Christbaum und wollte dem sonst so lieben Boris erklären, dass Geschenkauspacken für den Abend bestimmt seien, und ihm das Geschenk wegnehmen. So wiederholte sich in meiner Jugend die Geschichte mit Dackel und Fressbarem, und mein liebes Grossmuetti endete mit einer gebissenen Hand. Und Boris lehrte mich ganz viel über Ressourcen-Verteidigung.
Neben dem Hütebusiness kannte ich selbstverständlich jeden Hund im Dorf und durfte mit einigen auch spazieren gehen. Meine grösste Lehrerin war die deutsche Schäferhündin Asta. Ich wurde immer von ihrer Halterin begleitet und durfte unglaublich viel über Hunde lernen. Asta war - wie es sich für einen Schäfer gehört ;-) - top erzogen und für mich ehrlich gesagt sehr einfach.
Selbstverständlich könnte ich die Geschichten noch weiterführen. Der Golden Retriever durfte dann irgendwann nicht mehr kommen, weil es einfach zu teuer wurde. Boris verstarb kurze Zeit später. Beagle kam auch nicht mehr, weil sich meine Eltern mit den Beagle-Menschen nicht mehr vertrugen (ich schwöre, dass ich unschuldig war). Ich hörte aber nicht auf, mit Hunden spazieren zu gehen und liebe auch heute noch jede Minuten mit unseren 4-beinigen Fellfreunden.