Zwischen Liebe und Last

Kennst Du das Gefühl, dass Du Deinen Hund zwar über alles liebst, aber Du total frustriert bist wegen seines Verhaltens?

Veröffentlicht am 04.10.2025

Er bedeutet für Dich eher eine Last und Du könntest ihn gedanklich manchmal wirklich am nächsten Baum festbinden und ihn dort lassen? Es gibt Momente in welchen Du Dich unglaublich zusammenreissen musst um ihm gegenüber nicht völlig auszuflippen?

Weisst Du was? Du bist nicht alleine.


Im Zusammenleben mit Hunden gibt es immer Momente an welchen wir komplett an unsere Grenzen kommen. Der Hund hat ein Problem mit anderen Hunden und tickt jedes Mal völlig aus wenn er einen solchen sieht. Gerade Hunde aus dem Tierschutz zeigen sehr oft Angst, erschrecken sich schnell ab dem kleinsten Geräusch und sind an gewissen Orten nicht weiter zu bewegen und Du verstehst nicht warum. Der Hund jagt nicht nur Vögel sondern verbellt auch Luftballone und Helikopter und reisst Dir dabei fast den Arm aus.


Nebst den Schmerzen in Armen, Schultern und Ellbogen wächst eine unglaubliche Frustration und grosse Selbstzweifel in uns. Wenn es dann noch so ist, dass Menschen zuschauen und vielleicht grad dummerweise noch Menschen die uns kennen, wie wir unseren Hund „nicht im Griff“ haben, entwickelt sich oft ein tiefes Schamgefühl und wir möchten uns am liebsten unter den Boden beamen.


Hinzu kommt, dass wir während den Spaziergängen angesprochen oder sogar angepöbelt werden. Die Menschen um uns herum wissen selbstverständlich besser (ob Hundehalter oder nicht) wie man einen Hund erzieht oder mit ihm umgeht. Wir bekommen ganz tolle Tipps und den Rat mal einen guten Hundetrainer aufzusuchen.

 

Wir haben zur Zeit einen Hund aus dem Tierschutz. Er tickt aus wenn er einen Hund in Distanz sieht, er jagt Vögel, möchte Luftballons und Helikopter fressen und er geht auf Männer los. Die meiste Zeit zieht er mich durch die Welt als wenn es kein morgen gäbe und ist nicht ansprechbar. Draussen trainieren gestaltet sich schwierig. Auch wenn ich glaube, dass ich noch nie einen Hund so geliebt habe wie ihn, brauche ich zeitweise viel Impulskontrolle und Geduld. Was soll ich sagen - auch ich möchte mich manchmal nach Australien beamen oder wünschte mir, dass der Baum ein Loch hätte, in dem ich verschwinde könnte.

 

Allerdings versuche ich in jedem Moment zu verstehen, warum er tut was er tut. Verhalten hat IMMER einen Grund.

 

Wir kennen seine Geschichte nicht. Wir wissen nicht, was er erlebt hat. Er hat über 1 Jahr in zwei verschiedenen Tierheimen gelebt und dies gerade während der schwierigen Adoleszenz-Entwicklung. Ich bin mir sicher, dass er schon einiges kennenlernen durfte (Menschen, Autos, Geräusche, etc.). Leider können wir nur Hypothesen stellen, was er vermutlich erlebt hat. Erzählen kann er es uns ja nicht (die Spaziergänger mit den guten Tipps wissen es aber oft besser).

 

Inzwischen habe ich für mich einen Weg gefunden damit umzugehen. Wenn ich Hunde oder Männer sehe, versuche ich ein- und auszuatmen und sage mir selber: Cool, ich habe eine Gelegenheit am Verhalten zu arbeiten. Bei „lustigen“ Kommentaren von Spaziergängern reagiere ich fast immer mit einem: „Hach, sie haben total recht, danke“ und gehe weiter. Wenn ich einen schlechten Tag habe, versuche ich einen Spaziergang zu wählen, den mein Hund gut kennt und ich davon ausgehen darf, dass wir möglichst wenig Auslöser antreffen.

 

Selbstverständlich ist das alles leicht hergesagt - weil ich ja Trainerin bin. ABER - beim eigenen Hund ist das mit dem “Trainerin-Sein” so eine Sache. Der eigene Hunde triggert genauso wie bei allen andern. Er nervt genauso - besonders, weil ich ja noch mehr Druck habe. Die ganze Welt erwartet, dass ich den crazy dog schnell hinkriege, weil ich ja wissen sollte wie. Alle sagen mir, zum Glück ist er bei Dir gelandet und ich denke ja schon, aber… auch für mich ein harter Brocken.

 

Aber mein Fazit: Drüber stehen, was andere kommentieren, denken und sagen. Im eigenen Tempo am Verhalten des Hundes arbeiten - so wie es eben geht. Schritt für Schritt. Sich unbedingt an den kleinen Erfolgen und Verhaltensveränderungen freuen . GANZ VIEL GEDULD und eine tiefe Erwartungshaltung sind der Schlüssel zum Erfolg. Hunde wollen NIE schlechtes Verhalten zeigen, oder schlecht sein oder uns eins auswischen, aber können manchmal einfach nicht aus ihrer Haut. Gebt Eurem Hund eine Chance und versucht IMMER das POSITIVE zu sehen.