Bei einem Autokauf informieren wir uns vorab, welche Marke und welches Modell zu uns passen würde und wir machen uns Gedanken über die Leistung, wieviel Verbrauch das Auto hat und welche Inneneinrichtung uns zusagen würden. Wenn wir das Auto nach einer längeren Zeit und viel Vorfreude erhalten, erwarten wir, dass unsere Wünsche erfüllt werden. Wenn die Leistung dann nicht stimmt oder das Auto im Bereich der Inneneinrichtung vielleicht nicht das bietet, was wir bestellt haben, sind wir extrem enttäuscht und werden sicher mit der Verkaufsstelle Rücksprache halten.
Aber Hunde sind keine Autos. Ich erlebe immer wieder, wie die Menschen einen Hund zu sich holen mit der Erwartung, dass er in Kürze toll an der Leine läuft, sozial ist mit allen Menschen und Tieren, ein gutes Verhalten gegenüber anderen Hunden zeigt, mit ins Restaurant kommt und dort wunderbar entspannen kann, und dass er schliesslich in jeder Situation ohne Wenn und Aber mitzottelt. Die Erwartungsliste ist manchmal endlos und ich bin teilweise tatsächlich erstaunt und gar erschrocken, was gewisse Menschen von Ihren Hunden erwarten und dem Hund gegenüber auch wütend werden, wenn er diese Erwartungen nicht erfüllt (erfüllen kann).
Hunde sind nun aber keine Roboter, Autos oder Maschinen.
Je nach Rasse (oder Mischlingen) sind gewissen Sachen einfach nicht auf Knopfdruck abrufbar. Auch wenn uns Rassebücher und Berichte einiges versprechen, was die Rasse dann mit sich bringt, weichen die Hunde oft ab von den «ach so tollen» Beschreibungen. So kann es sein, dass ein Labrador nicht einfach der verspielte, Familien-kompatible Kumpel ist, dass sich der Border Collie vielleicht eben doch nicht für Agility eignet und der anscheinend nicht jagende Mittelpudel eben doch ein hohes Mass an Jagdtrieb zeigt.
Bei Hunden mit hoher Erregungslage zum Beispiel wird eine gute Leinenführigkeit viel länger dauern, weil sie zuerst mit dem Umweltinput klarkommen müssen. Es gibt Hunde, die nie entspannt im Restaurant sein können, weil es für sie einfach zu viel Stress bedeutet. Junge Hunde zeigen während der Adoleszenzentwicklung viele Verhalten, welche nicht unseren Erwartungen entsprechen, weil sie das vom Hirnumbau während dieser Zeit einfach nicht leisten können. Ängstliche Hunde werden vielleicht nie lockig flockig durch eine Stadt laufen können. Die Liste mit den Verhaltensweisen, welche unsere Erwartungen nicht erfüllen, ist unglaublich lang.
Oft sind unsere Erwartungen zu hochgesteckt. So erwarten wir von unserem Arzt, dass er sofort herausfindet, was uns fehlt. Ein Restaurant mit einem guten Ruf soll gutes Essen servieren und einen tollen Service bieten. Als Mitarbeiter erwarten wir, dass die Vorgesetzten unsere Arbeit wertschätzen und entsprechend entlöhnen.
Einen Hund zu haben bedeutet vor allem GEDULD, ZEIT, FLEXIBILITÄT und AKZEPTANZ.
Es lohnt sich, die Erwartungshaltung zurückzuschrauben. Ich verstehe, dass vom lustigen, gut gelaunten, verfressenen Labrador geträumt wird und wenn dieser dann doch aggressiv auf andere Hunde reagiert, die Welt nicht mehr verstanden wird.
Lebewesen sind immer individuell, bringen eine Genetik, Erfahrungen (vielleicht auch schlechte) und ein Wesen mit. Genau wie jeder Mensch auch.
Je mehr Bereitschaft besteht den Hund so zu akzeptieren wie er ist umso mehr wird ein Zusammenleben mit dem Hund einfacher.
Mit der nötigen Geduld ist es IMMER möglich eine grossartige Bindung mit seinem Freund auf vier Pfoten aufzubauen.